[dropcap size=small]N[/dropcap]ahezu jeder Besitzer eines PCs oder einer Konsole hat schon mindestens einmal vor einem Teil der „Resident Evil“-Serie gesessen. Doch nur die wenigsten wissen, das auf den Festplatten der Entwickler noch immer ein bislang unveröffentlichter Serien-Vertreter schlummert: „Resident Evil 1.5“. Ein Artikel von Simon Krätschmer.

Was ist „Resident Evil 1.5“?

Im Grunde ist „Resident Evil 1.5“ nichts anderes als die ursprüngliche Fortsetzung zu Capcoms „Resident Evil“-Original. Allerdings wurde diese erste Version niemals vollständig fertiggestellt, stattdessen wurde die Entwicklung bei einem Status von nahezu 60% abgebrochen und ein von Grund auf neuer Nachfolger entwickelt.

Der Grund für diese überraschende Umstrukturierung lag laut „Capcom“ im Verlassen des Executive Directors „Yoshiki Okamoto“, der 1996 die Firma verließ. Die weitere Producer-Arbeit übernahm daraufhin wieder „Shinji Mikami“, der „Vater“ der Serie. Gerüchte besagen jedoch, das die spielbare Beta-Version von „Resident Evil 1.5“ jedoch einfach noch zu viele Ähnlichkeiten mit dem Vorgänger hatte und aus diesem Grund auf Eis gelegt wurde. Verwunderlich ist nur, das beim zweiten Versuch keine der innovativen Neuerungen der „1.5“er-Version auftauchen – veränderbare Outfits, Schusswesten, Granaten und „Nemesis“-ähnliche Virus-Mutationen hätten sicher auch im indizierten zweiten Teil der Serie für Spielspaß und Herzrasen gesorgt.

Aufgrund der in Presse- und Messe-Kreisen verwendeten Beta-Fassung von „Resident Evil 1.5“ kursieren im Netz zahlreiche Ingame-Movies, Artworks und Screenshots des unveröffentlichten Spiels. Gerüchten zufolge soll auch heute noch eine spielbare Version der zu 60% fertiggestellten PlayStation-Variante im Umlauf sein – Beweise dafür sind jedoch ebenso schwer zu bekommen wie ein Hochzeitsfoto vom Jeti mit seiner neuen Flamme, dem Loch Ness-Monster.

 

Um was geht es in „Resident Evil 1.5“?

Die Hintergrundgeschichte von „Resident Evil 1.5“ ähnelt der des „offiziellen“ zweiten Teils, wurde jedoch in mehreren Punkten umgeschrieben. Auffällig ist, das Leons Spiel-Partnerin „Elza Walker“ im indizierten zweiten Teil der Serie überhaupt nicht mehr auftaucht. Ihr Platz wurde von Chris Redfield’s Schwester Claire übernommen.

„Nach den Ereignissen im „Resident Evil“-Herrenhaus, tief im Wald von Raccoon City werden die überlebenden Mitglieder des S.T.A.R.S.-Alpha-Teams zum Stadt-Krankenhaus evakuiert. Aufgrund Ihrer Entdeckungen im Untergrund-Labor des „Umbrella“-Konzerns werden weitere Untersuchungen angestellt und mehrere hochrangige Firmenangestellte verhaftet. Dem „Umbrella“-Konzern werden weitere Forschungen untersagt.

Doch während man in der Stadt noch mit der Aufarbeitung des ersten Bio-Unfalls beschäftigt ist, breitet sich der Virus aus unbekannter Ursache plötzlich in der Bevölkerung aus. Hunderte sterben, nur um kurz darauf als lebende Tote durch die menschenleeren Strassen von Raccoon City zu wandeln. Die örtlichen Polizeikräfte versuchen die Situation unter Kontrolle zu bringen – aber ohne Erfolg.

Nur einer kleinen Gruppe von Überlebenden gelingt es, sich in der Polizeistation zu verbarrikadieren – allerdings werden Lebensmittel und Munition mit jedem Tag knapper.

Der junge Polizist Leon wagt einen letzten, verzweifelten Ausbruch, um der Stadt zu entkommen und Hilfe zu holen – und trifft plötzlich auf die junge Biker-Braut Elza…“

 

Welche Charaktere und Monster gibt es in „Resident Evil 1.5“?

Am Beispiel der Spiel-Charaktere fallen die Änderungen von „Resident Evil 1.5“ zum „echten“ Nachfolger am stärksten auf: Nicht nur das mit „Elza Walker“ einer der Hauptcharaktere ausgetauscht wurde, es fielen auch einige Nebenfiguren und sogar die ein oder andere Virus-Mutation zum Opfer.

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Auffällig ist dabei, das die Charakterisierung mancher Personen stark von ihrem „finalen“ Auftreten im indizierten zweiten „Resident Evil“-Teil abweicht:
(Klickt auf das Thumbnail neben dem Text, um die Charakterskizzen zu sehen)

LEON SCOTT KENNEDY:

leon

Der spielbare Hauptcharakter in „Resident Evil 1.5“ ist nahezu unverändert auch in den Nachfolger übernommen worden. Lediglich sein „legeres“ Outfit (Jeans, T-Shirt und Boots) musste einer „Raccoon City Police“-Uniform weichen.
Gerüchten zufolge waren zahlreiche Zwischensequenzen mit Leon, „Marvin Branagh“, „DJ“ und „Ada Wong“ geplant, in den „tatsächlichen“ Nachfolger schaffte es jedoch nur letztere.

ELZA WALKER:

elza

Die schnucklige Motorrad-Braut wurde während der Umstellung von „1.5“ auf „2“ durch Claire Redfield ersetzt. Laut der eigentlichen Storyline war sie aufgrund eines Motorrad-Rennens in der Stadt, als das mysteriöse Virus-Sterben begann. Als Zivilistin sollte sie für Interaktionen mit anderen Überlebenden der Stadtbevölkerung sorgen. Ausserdem war sie – wie anschließend ihre Polygon-Kollegin Claire – für alle Zwischensequenzen mit „Sherry Birkin“ verantwortlich. Ihr Treffen mit Waffennarr „John Kendo“, dem Inhaber des „Kendo Gun Shops“ übernahm schließlich Leon im ersten Abschnitt des Spiels.

SHERRY BIRKIN:

cherry

Die kleine Tochter der Virusforscher „William“ und „Annette Birkin“ wurde in „Resident Evil 1.5“ von „John Kendo“ beschützt, der im „tatsächlichen“ Nachfolger jedoch ein recht schnelles Ende während eines Angriffs mehrerer Zombies fand. Ihre Rolle wurde für den indizierten zweiten Teil ausgebaut, doch auch schon in Teil „1.5“ wurde der Spieler mehrmals von ihrem infizierten Vater verfolgt.

ANNETTE BIRKIN:

anette

Angeblich war „Annette Birkin“ im „1.5“er-Teil der „Resident Evil“-Serie noch überhaupt nicht mit „William Birkin“ verheiratet, sondern stattdessen „nur“ seine Freundin – und somit auch nicht die Mutter der kleinen „Sherry“. Trotzdem spielte sie auch schon in der ersten Fassung eine zwielichtige Rolle als Mitarbeiterin des „Umbrella“-Konzerns.

MARVIN BRANAGH:

marvin

Der sterbende Polizist des indizierten zweiten Teils spielte in der „Original“-Fassung eine weitaus größere Rolle – so sieht man ihn auf manchen Videos Seite an Seite neben Leon durch die unterirdische Kanalisation von Raccoon City kämpfen. Im „tatsächlichen“ Nachfolger hatte er nicht so viel Glück: Hier liegt er bereits tödlich verwundet auf einer Bank der Polizeistation und entscheidet sich angesichts seine Virus-Infektion zum Selbstmord. Ein ähnliches Schicksal galt ihm auch in „1.5“, doch hier musste er einen vergleichsweise wesentlich billigeren B-Movie-Text von sich geben.
Hier der genaue Dialoglaut:
Marvin: (stöhnend) „I don’t think I’m going to make it! Aaah. Leon, if I die, you have to shoot me in the head! If you don’t, I’ll become one of them. You … can’t .. that … happen…“

BEN BERTOLUCCI:

ben

Der mysteriöse Reporter des indizierten zweiten Teils spielte in der „Original“-Fassung überhaupt keine Rolle – im Nachfolger wurde er in seiner Zelle der „Raccoon City“-Polizeistation von „William Birkin“ mit dem G-Virus infiziert.

ADA WONG:

ada

Die „Umbrella“-Spionin mit Gewissensbissen sollte sich auch in „Resident Evil 1.5“ in Leon verlieben, allerdings wurde dieser Storyzweig für die „B-Adventure“-Teile des „tatsächlichen“ Nachfolgers etwas umdesignt.

D.J.:

dj

Über diesen Charakter, der nur auf einer frühen Charakterskizze zu sehen war ist nur wenig bekannt – angeblich ist er (wie auch Leon) ein junger Polizist, der an seinem ersten Tag in der „Raccoon City“-Polizeistation vom Austreten des Virus überrascht wird.

JOHN KENDO:

john

Der Besitzer des „Kendo Gun Shop“ hilft in beiden „Resident Evil“-Varianten Leon bei seinem Kampf gegen die Opfer des G-Virus. Allerdings hatte er in der ursprünglichen Storyline wesentlich länger zu leben – im „tatsächlichen“ Nachfolger wird er nämlich schon kurz nach dem ersten Treffen von einer Horde Zombies aufgefuttert.

CHIEF BRIAN IRONS:

brian

Der korrupte Polizeichef der „Raccoon City Police“ sollte auch in „Resident Evil 1.5“ als leicht psychopatischer und gefährlicher Charakter auftreten. Mehr ist jedoch leider nicht über ihn bekannt.

ZOMBIES:

zombies

Die Zombies der „Resident Evil 1.5“-Version variierten stärker in Hautfarbe, Gewicht und Aussehen als das im indizierten Nachfolger der Fall ist. Dafür waren hier noch keine weiblichen Gegner vorhanden. Das ziemlich unschöne „Durchschießen“ angreifender Zombies war jedoch auch hier schon enthalten; ebenso wie der aus dem „Resident Evil Directors Cut“ bekannte „Lucky Shot“-Kopfschuss.

CERBERUS:

cerberus

Die geliebt/gehassten Zombie-Hunde aus dem ersten „Resident Evil“-Teil haben sich kaum verändert – allerdings konnten sie in der „1.5“er-Fassung noch herzzerreißend heulen.

KRÄHEN:

kraehe

Die relativ ungefährlichen aber ziemlich nervigen Zombie-Krähen haben keine offensichtlichen Änderungen erfahren.

GORILLA-MUTATION:

licker

Bereits auf den ersten veröffentlichten „Resident Evil 1.5“-Screenshots war eine stark behaarte, Gorilla-ähnliche G-Virus-Mutation zu sehen, die Elza und Leon in der Tiefgarage der Polizeistation auflauerte. Offensichtlich war sie aus dem „Raccoon City Zoo“ ausgebrochen, der in einigen „Resident Evil Comics“ auftaucht – im indizierten Nachfolger wurde sie jedoch von den ebenso fiesen „Licker“-Kreaturen ersetzt.

RIESENSPINNE:

spinne

Ähnlich wie schon in „Resident Evil“ und auch im indizierten Nachfolger haben sich die riesigen Spinnen kaum verändert.

SPINNEN-HYBRID:

spiderman

Eine bizarre Mutation aus Mensch und Spinnen-Armen hat es leider nicht in die „tatsächliche“ Nachfolger-Version geschafft, taucht aber sogar in mehreren Artwork-Sammlungen der indizierten PC-Version auf.

ALLIGATOR:

alligator

Der gigantische Riesenalligator bildet einen der Zwischengegner im indizierten zweiten Teil der Serie, in der „1.5“-Fassung gab es jedoch auch noch mehrere kleinere Ausgaben, die Eure Spielfigur ähnlich wie Zombies oder Spinnen attackierten.

WILLIAM BIRKIN:

william

Der „Hauptgegner“ des Spiels war in beiden Versionen vertreten und verfolgt den Spieler durch alle Szenarien. In einem Video der „Resident Evil 1.5“-Variante hört man ihn – ähnlich wie beim „S.T.A.R.S.“-Gegrunze des Nemesis – nach seiner Tochter Sherry rufen.

 

Wie unterscheidet sich „Resident Evil 1.5“ vom Nachfolger?

Die gravierendsten Änderungen haben wir bereits aufgeführt, doch auch abseits der „Komplett-Umstrukturierung“ von „Resident Evil 1.5“ gab es einige Features, die vollständig aus dem indizierten zweiten Teil herausgenommen wurden:

1. Granaten: In einem der „1.5“-Videos sieht man Leon, wie er eine Horde von Zombies durch das Werfen einer Granate erledigt. Die Verwendung war vermutlich einfach zu unpraktisch und wurde deshalb entfernt

2. H&K G3A3 Submachine Gun: Dieses Maschinengewehr, das man ebenfalls auf einem der „1.5“-Videos sehen kann, wurde durch ein ähnliches Modell ersetzt

3. Der futuristische Gebäude- und Einrichtungs-Stil (besonders der „Raccoon City“-Polizeistation) wurde umgestaltet

4. Ein professioneller Story-Autor wurde eingestellt, um die „Resident Evil 1.5“-Geschichte sowie alle Zwischensequenzen umzuschreiben

5. Die Gegner-Modelle wurden vereinfacht dargestellt, um mehr Zombies auf einmal darstellen zu können

6. Elza Walker wurden durch Claire Redfield ersetzt, da sie nicht glaubhaft genug war

7. Das „Costume Change“-System wurde abgeschafft: Leon und Elza konnten zusätzliche Kleidungsstücke sowie kugelsichere Westen und Jacken mit zusätzlichen Inventory-Slots anziehen Dieses neue Feature wurde jedoch zumindest teilweise in der N64-Umsetzung des indizierten Nachfolgers verwendet.

8. Elza und Leons Kleidungsstücke wurden schmutzig und zerrissen, je länger man „Resident Evil 1.5“ spielte.

 

Was sagt Capcom über „Resident Evil 1.5“?

Während zweier Interviews wurden Shinji Mikami (Producer Capcom) sowie Yoshiki Okamoto (Capcom Development Department General Manager) über „Resident Evil 1.5“ befragt – hier die Original-Auszüge ihrer Antworten. Die kompletten Interviews findet Ihr über unsere Related Stories:

Q: How much did you get involved in geme development?
Shinji Mikami: There was a another version of (indizierter Nachfolger), now people called the game Resident Evil 1.5, actually, in those days I nagged them a lot. and caused problem on development team to which one, me or Kamiya to listen.

Then I told them just show me ROM once a month, but still my way and Kamiya’s way is different. So, I told them to completely leave the development to them. I thought they had good material, after all just put those material in the pan and cook it, even if it taste a little bad, we can fix it in 3 months.

Then, when I taste it, I was shocked by bad, BAD taste. I realized it tastes bad because not only the seasoning, something drastic making this bad taste. I had to tell them to start all over again, but still I didn’t go inside of development team, I watched them from a little far away.

———

Q: There is a Resident Evil 1.5 between 1 and (indiziertem Nachfolger).
Yoshiki Okamoto: It looked so good on screen, ONLY on screen…. When we developed original Resident Evil, we were only able to put 3 zombie at same time, but we had more understanding of the console characteristics, so we could put 7. Resident Evil had changed a lot in those days.

Q: At the point of Resident Evil 1.5?
Yoshiki Okamoto: Yes, but Unfortunately, changed to different direction, and it was bad. So, I put main member of the development team and Mr. Sugiura together and let them talk. They had a meetings longtime, about several days…. I just didn’t want to give Mikami a order to change it, because since I’m his boss, he just say „Yes sir“.

But Mr. Sugiura and Mikami can talk frank and don’t have to have pressure. Finally, Mikami came to me and told me how much he wants to change and how long development schedule will be delayed.

Q: If you see from the company business stand point, it will be bad to delay the schedule.
Yoshiki Okamoto: If you see the long turn business, losing the users trust is worst for company.

Q: This time, the director changed from Mr. Mikami to Mr. Kamiya, How did you feel about it?
Yoshiki Okamoto: It is not important to change director, important is we can keep the same Resident Evil world or not. I didn’t want to show the result on (indizierter Nachfolger). If we do, we don’t have things to do on Resident Evil 3.

Q: How you think about the story goes?
Yoshiki Okamoto: It’s like „007“ series. There is a ultimate bad guy and the game characters catch the little piece of bad tails. Resident Evil or (indizierter Nachfolger) is only a piece of the huge story.

Q: You already had a idea from original Resident Evil?
Yoshiki Okamoto: NO *Laugh* When we started to plan 1.5, I told the development team „You guys think just make after story of original Resident Evil, and make another after story of (indizierter Nachfolger), NO, that is WRONG.“ I told them we have to create whole world and show people the original one is this piece of story and 2 is another piece of story.

Q: It is like Gundam series.
Yoshiki Okamoto: Yes, exactly. First, create whole world and never step out of it. So, it is OK to change the director.

Q: You sounds like you are going to make a lot of Resident Evil series games.
Yoshiki Okamoto: Yes, but we are not going to change the world. If, we can make it until Resident Evil 5, and I don’t know which one is going to make million sales, but people who played the big sales game feel like they want to play another Resident Evil, that is what I want.

The user to see not only small part of the world of Resident Evil, I want to show the whole world to the users.

 

Gibt es eine spielbare Version von „Resident Evil 1.5“?

Wie am Anfang dieses Artikels bereits erwähnt, gibt es zahlreiche Gerüchte über eine spielbare Beta-Version von „Resident Evil 1.5“. Aufgrund der Tatsache, das die zu 60% fertiggestellte Fassung bereits über zahlreiche Spiel-Features verfügte und sogar auf der japanischen „Biohazard Complete“-CD als Ingame-Movie vertreten war ist dies auch durchaus denkbar, allerdings werden wir vermutlich niemals in den Genuß dieser Beta-Version kommen.

 

Autor: Simon Krätschmer (Redakteur bei GIGA GAMES)
Hier könnt ihr die Originalversion des Artikels auf GIGA lesen
Der komplette Artikel wurde mit Erlaubnis von Simon Krätschmer zur Veröffentlichung auf „Frightening“ zur Verfügung gestellt. Ursprünglich erschien er im MAXX-Bereich auf der Webseite von GIGA-Games.
Ich danke für die freundliche Unterstützung.