[dropcap size=small]Ü[/dropcap]berblendung zum täglichen Brainstorming bei Capcom …
„Jungs, wir müssen mal was anderes machen, mit Resident Evil allein kann man zwar gut Kohle machen, aber auf einem Bein kann man bekanntlich nicht stehen.“ – „Okay, ich hab da ne gute Idee, wie wärs mal was mit Dinosauriern?“ – „Stimmt, wie bei Jurassic Park, die sind dann auf jeden Fall gut gefährlich, sind ja auch viel schneller als unsere lahmen Zombies. Dann erzähl mal weiter von deiner Idee.“ – „Noch mehr? Reicht das nicht fürs erste? Ich meine, zur Story fällt uns schon was lustiges ein und den Rest können wir doch einfach von Resident Evil übernehmen, oder?“ – „Stimmt, das merkt doch eh kein Schwein.“

So oder ähnlich könnte es 1999 zugegangen sein, als die kreativen (naja) Köpfe (na gut, Köpfe schon) von Capcom Dino Crisis erdacht haben. Da mag es einen auch nicht verwundern, daß man, sobald man Dino Crisis startet, fast eine Art Flashback kriegt, wenn man geübter Resident-Evil-Spieler ist. Das Hauptmenü, die Steuerung, alles mögliche wirkt ein bißchen wie neuer Lack auf gediegenem Holz. Aber keine Panik, auch Spieler, die Resident Evil noch nie im Leben gesehen haben, müssen jetzt nicht aufschreien und wie verrückt auf Frightening rumklicken, um sich die Reviews von den RE-Titeln durchzulesen, nur um hier noch mitlesen zu können.

„Ja ja, immer mach ich die Drecksarbeit!“

Aber zuerst einmal zur Story… Dino Crisis spielt auf einer grünen Insel irgendwo im Meer. Dort befindet sich ein großer Laborkomplex einer nicht näher definierten fremden Regierung. Um die Experimente dieser Regierung auszuspionieren, wurde ein Agent unbemerkt dort eingeschleust. In einem ersten Bericht von ihm wird Dr. Kirk, ein führender Energieexperte, erwähnt. Dieser Dr. Kirk sollte eigentlich schon lange tot sein, so ist er doch eigentlich bei einem schon länger zurückliegendem Unfall ums Leben gekommen. Scheinbar wurde dieser Unfall nur inszeniert, experimentiert er doch putzmunter im Labor.
Sofort wird eine Spezialeinheit engagiert, die den „wiederbelebten“ Professor in die Heimat zurückbringen soll, wenn nötig mit Gewalt.

[column size=one_half position=first ]Das Alter Ego des Spielers ist Regina, Mitglied eben dieser Spezialeinheit. Nach einer für die Verhältnisse von 1999 anständigen Introsequenz mit Rendergrafiken, in deren Verlauf einer der Spezialagenten schon mal vorzeitig den Löffel abgibt und einem Tyrannosaurus als Zwischenmahlzeit dient, startet das Spiel. Eine kurzes Gespräch zwischen den Protagonisten, und schon trennen sich die Wege der Darsteller; Regina ist fürs erste allein. Anders als in Resident Evil sind die Wegbegleiter Gail und Rick allerdings nicht für immer verschwunden, sondern bleiben während der Mission immer erreichbar und helfen Regina in Krisensituationen durch nützliche Tips oder Fähigkeiten weiter.[/column]

[column size=one_half position=last ]Während Rick den Computerspezi mimt, der jede noch so abgesicherte Tür durch geschickten Einsatz seiner Finger öffnen kann (außer es ist nicht von den Programmierern vorgesehen), überzeugt Gail öfter durch den geschickten Einsatz seiner Assault Rifle. Auch charakterlich unterscheiden sich beide stark… Gail ist der harte Typ, der militärisch korrekt immer nur an die Erfüllung der Mission denkt, Rick dagegen tut alles, um seine Leute nicht zurücklassen zu müssen.
Allen beiden gemein ist aber die Tatsache, daß Regina für sie die Drecksarbeit erledigt, was ja nicht schlimm ist, sonst wär das Spiel ja ziemlich kurz.[/column]

Betäubungspfeile, die nicht wirklich müde machen

Wenn man nun endlich Regina steuern darf, kann man dies wie in etlichen anderen Survival-Horror-Titeln bewerkstelligen. Hier wird bewährte Kost geboten, die leicht zu erlernen ist. Diese Steuerung läuft dann auch flüssig von der Hand, genauso wie das Auswählen und Nutzen der einzelnen Gegenstände, die man im Laufe der Zeit finden kann. Im Inventory kann man bis zu 10 verschiedene Gegenstände vom Typ Munition und Heilmittel mit sich rumschleppen, oft sind diese Gegenstände auch begrenzt stapelbar. Getrennt davon können noch diverse Quest-Items im Inventory abgelegt werden. Dazu gehören im allgemeinen Keycards, Schlüssel und Einzelteile von Gerätschaften.
Die obligatorische Automap, die man begutachten kann, zeigt einem nicht nur Position und schon schon besuchte Orte an, sondern auch verschlossene Türen und (was seeehr nett ist) solche, die man mit gefundenen Keycards öffnen kann.

[column size=one_third position=first ]Aber der wohl wichtigste Punkt im Menü betrifft das Mischen von Gegenständen. Die diversen Heilutensilien wie z.B. Betäubungsmittel und Medikits können nämlich theoretisch kräftig zusammengepanscht werden, um ein paar nützlich und äußerst wirkungsvolle Gimmicks zu erstellen. So kann man durch geschickten Mischeinsatz vergiftete Pfeile herbeihexen, die sogar den stärksten Dino (naja, bis auf den Tyrannosaurus Rex) ins Nirwana schicken.[/column]

[column size=one_third position=middle ]Verschießen tut man diese Giftpfeile dann mit einer Shotgun. Diese und ein Granatenwerfer sind die einzigen Extrawaffen, die man während des Spiels erbeuten kann. Ansonsten bringt Regina nur eine Pistole mit, die einzige Assault Rifle hat ja Gail bekommen, scheinbar damit zumindest er bis zum Ende des Abenteuers überlebt.[/column]

[column size=one_half position=last ]Aber der geneigte Waffenfreak ist nicht völlig benachteiligt worden, zumindest kann man die 3 Waffen während des Abenteuers mit ein paar gefundenen Goodies upgraden. Zusätzlich dazu gibts noch 2 verschiedene Munitionsarten für jede Waffe und eben jene Pfeile, giftig und in schwächerer, betäubender Form. Leider bringen die Betäubungspfeile so gut wie gar nix im Spiel, da einmal betäubte Dinos sofort wieder aufstehen, sobald man einmal auf sie schießt.[/column]

 

Die Munition und andere Items sind in den verschiedenen Räumen des Spiels verstreut, mal liegen sie offen herum, mal muß man ein paar Kisten oder ähnliches verschieben, damit sie sich offenbaren. Die letzte mögliche Fundgrube gibts in Form von grünen, gelben und roten Boxen an der Wand, die bis zu 10 Items beinhalten können. Diese Boxen können auch als Auffangbehälter für Überschüssiges benutzt werden, da man an jeder neuen Box den Inhalt älterer Boxen gleicher Farbe mitverwalten kann; wie das funktioniert, wird aber verschwiegen. Auf jeden Fall vergrößert man so sein Inventory, auch wenn man für einige Items dann etwas hin und her rennen muß.

„Kopierung“

[column size=one_third position=first ]So rennt man dann fürs erste durch grafisch heutzutage (2004) ziemlich häßlich wirkende Räume. Die Texturen wirken schwammig, und die Farbmischung könnte manchmal auch ein bißchen weniger gekleckert wirken. Die Version, mit der getestet wurde, ist die PC-Konvertierung, wobei man hierbei weniger von Konvertierung als eher von Kopierung reden könnte, da auch schon 1999 bessere Grafik gemalt worden ist. In der originalen Playstation-Version, also auf einem Fernseher, sieht die Sache natürlich ein bißchen anders aus. Auch die Dreamcastversion kann sich durchaus sehen lassen.[/column]

[column size=one_third position=middle ]Gimmik-Unterschied zur Playstation-Version: Während man auf der Konsole wie üblich durch bestimmte Leistungen Goodies freispielen kann, sind diese auf dem PC von vornherein anwählbar, was auch hier die Wiederspielbarkeit leicht beeinflußt. Unter den vorhandenen Extras sind 3 zusätzliche Kostüme für die Hauptdarstellerin und ein zusätzlicher Spielmodus, „Operation Wipeout“, in dem man eine Hand voll kurzer Missionen gegen die Zeit gewinnen muß, indem man in Teilen des Labors eine vorgegebene Anzahl Dinos erledigt.[/column]

[column size=one_third position=last ]Frei belegbare Tasten gehören natürlich für PC-Verhältnisse zum Lieferumfang, obwohl das einige Programmierer scheinbar nicht für nötig halten. Hier ist Dino Crisis aber erfreulich konfigurierbar. Einziger Kritikpunkt in den Optionen: Hier sieht man den Ursprung auf der Playstation sehr deutlich, da die 1:1-Konvertierung sogar soweit geht, daß man bei den Bildeinstellungen aufgefordert wird, den Fernseher doch vernünftig einzustellen.[/column]

Falsche Dramatik?

Gottseidank sind es nicht allzuviele Grafikschnitzer, die sich die Programmierer erlaubt haben. Der schwerste zu erwähnende ist eh direkt am Anfang des Spiels, wo der Zaun um das Gelände auf dem PC nur aus Punkten zu bestehen scheint. Aber auch das kann ein Fehler meiner Hardware sein, wurde mir gesagt.
Für die Ohren gibts allerdings bessere Kost. Atmosphärische Musik stimmt einen auf die kommenden Ereignisse ein, wenn die Lage mal brenzlig wird, kann die Musik auch mal ein bißchen härter und schneller ausfallen, ansonsten wird der Spieler mit ruhigen Klängen in Sicherheit gewogen. Die schnelleren Musikstücke verlieren aber einiges an Dramatik, wenn man als Spieler mal in eine Situation gerät, in der eigentlich Eile geboten wäre, die Musik einen förmlich anpeitscht, schnell etwas zu unternehmen, dann allerdings eine halbe Stunde planlos durch die Gegend läuft, ohne das etwas passiert. Auch wenn mich einige Spieler jetzt dafür steinigen wollen, ein Timer würde in solchen Momenten Wunder wirken.

Die Dinos, die dem Spieler entgegenlaufen und einen mitunter sogar durch diverse Räume verfolgen können, sind allesamt ordentlich vertont worden, wenn einem auch manche Sounds doch inzwischen irgendwoher bekannt vorkommen mögen. Fauchen, Reißen, Stampfen, alles ist dabei. Wenn einem dann mal nicht nur ein paar fiese Velociraptoren oder auch mal Pterodactyle (ist das jetzt richtig geschrieben?) über den Weg laufen oder man von einer Horde kleiner Minisaurier angeknabbert wird (ja, die Dinger aus Jurassic Park 2), ist vielleicht einer der Momente gekommen, wo man dem Tyrannosaurus Rex in die Nüstern blicken kann. Da hilft dann grundsätzlich erstmal nur laufen.

Von schlaffen Dialogen und noch schlafferen Rätseln

[column size=one_quarter position=first ]Spärlich verteilte Dialoge zwischen den Protagonisten sind genauso spärlich mit Informationen besetzt und bestehen meistens eher aus solch kargen Dingen wie „Mach dies und das“ oder dem gegenseitigen Beschimpfen. Ordentliche englische Sprachausgabe läßt das ganze aber mehr oder minder verschmerzen, Untertitel in Deutsch lassen auch den größten Amerikanisch-Hasser verstehen, worum es nun eigentlich geht.[/column]

[column size=one_quarter position=middle ]Wenn man nun durch die gewöhnungsbedürftige Grafik läuft und sich langsam durch die Soundkulisse auf das, was kommen mag, eingestimmt wird, erwartet einen auch ab und an ein Schieberätsel oder ein paar Farbrätsel Marke „Billig, aber irgendwas mußten wir ja für den Kopf tun“. Kisten müssen verschoben werden, um den Weg freizumachen (drüberklettern ist ja was für Doofe), Sicherungen in die richtige Reihenfolge gebracht werden.[/column]

[column size=one_quarter position=middle ] Ab und an muß man auch mal sein Köpfchen ein kleines bißchen anstrengen. Dann nämlich, wenn man durch Codes gesicherte Türen öffnen will. Nach der Beschaffung von Karte mit Code und dem dazugehörigen Codeschlüssel liefern nun noch Hinweise aus diversen herumliegenden Akten nützliche Tipps zum Öffnen.[/column]

[column size=one_quarter position=last ]Diese Akten sorgen auch hauptsächlich für die Entfaltung der Story, die, nach sorgfältiger Betrachtung, zwar durchaus interessante Ansätze hat, aber einem trotzdem IMHO irgendwie nicht vom Hocker reißen kann. Zur Entwicklung dieser gibt es nicht nur 4 verschiedene Enden, also Stellen, an denen man Entscheidungen treffen muß, sondern auch zwischendurch eingestreute kleine Cutscenes, in die der Spieler mittels wilden Drückens der Tasten eingreifen kann. Diese entscheiden allerdings meist mehr darüber, ob Regina die nächsten Sekunden überlebt oder nicht.[/column]

Der unfaire Kameramann!

Eine weitere Schwachstelle des Gameplays ist wie eine der notorisch unfairen Eigenarten des Genres. Durch die festen Kameraperspektiven (die ja gottseidank in neueren Vertretern nicht mehr so häufig vorkommen) sieht man manchmal das Unheil gar nicht auf sich zukommen. Was bei lahmen Zombies Marke „Ich krieg dich gleich…“ noch zu ertragen ist, wird bei den fixen Velociraptoren oft zur Qual. Die eingebaute Auto-Aim-Funktion schafft hier Linderung, aber wehe es kommen gleich 2 Dinos auf einmal.

Am Ende ist man froh darüber, daß man das Spiel geschafft hat, hat eine mehr oder minder spannende Geschichte erlebt und etwas Abwechslung abseits der untoten Horden anderer Horror-Spiele gesehen, leider aber nicht genug, um dieses Spiel wirklich weiterempfehlen zu können. Der einzige Grund, mich zum nochmaligen durchspielen zu bringen, war die Tatsache, daß man für den zweiten Lauf in einem höheren der insgesamt 4 Schwierigkeitsgrade einen Granatwerfer mit unendlicher Munition mitnehmen durfte, was meine Genugtuung angesichts der fieseren Gegner steigern konnte.
Wer alle Resident-Evil-Teile schon durch hat und sich die Wartezeit auf den nächsten verkürzen möchte, könnte hier zugreifen, ansonsten würde ich das Spiel nur Dinosaurierhassern und beinharten Survival-Horror-Ich-will-jedes-Spiel-durchhaben-Fans empfehlen. Andere können ruhig reingucken, aber das hat man halt alles schon mal irgendwo gesehen (und vielleicht sogar besser).

Dino Crisis
Allein die Kombination aus schnellen Dinosauriern und festgesetzten Kamerawinkeln in engen Räumen birgt einiges an Frustpotential. (Un)dramatischer sind allerdings die viele Ungereimtheiten in der Inszenierung.
audiovisuelle Präsentation5
Realisierung der Spielmechanik6
inhaltliche Gestaltung und dramaturgische Aufbereitung6
5.7Gesamtwertung
Leserwertung: (0 Votes)
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